Blumen und Tomaten

Blumen und Tomaten

Der volljährige Kasper / Hurra, Schule fällt aus! / Staats-Funk von unten? / Waschinsky: Bühnen-Abschied

Kasper darf wählen

Rixdorfer Geburtstag

Folgendes hat mich kürzlich beeindruckt: “Rapper sind Leute, die denken, daß sie Musik machen“. Zitat Ende. Und Themenwechsel:

Rixdorf ist nicht heile Welt. Aber hier scheint noch etwas Erinnerung an eine „Welt-in-Ordnung“ in der Athmosphäre zu schweben. Am S-Bhf Sonnenallee kostet der Kaffeebecher 1,20 €. Und das Kaspertheater Rixdorf verläßt sich aufs Rumsprechen. Termine im Internet? Pustekuchen. Es spielt in einem am Böhmischen Platz gut gelegenen Laden – sicher also gut zu vermieten, statt Kaspertheater für freiwillige Spenden zu bieten. Es ist nicht groß, aber auch Kleines kann leer sein. Hier aber passten grade so alle rein. Junge Eltern und eher kleine Kinder. Darunter kaum, was man auf der Straße fast nur sieht: Muslime. Aber alle im Publikum sprechen deutsch. Auch Franzosen.

Der Rixdorfer Kasper wird 18. Hat nun also das Alter, wo man wählen und endlich alles darf, was man natürlich alles längst schon mal gemacht hat. Heimlich. Jedenfalls zeigt Kasper sein allererstes Stück von damals. Mit Krokodil und Hexe und König Buschi, also Buschkowski. Auf einer winzigen Kasperbühne wie aus dem Spielzeugladen. Jede Puppe wie aus einem anderen Stück, was dann irgendwie doch wieder zusammengeht. Puppenführung, also was man heute „Animation“ nennt, gibts genau genommen nicht. Eben so, wie ein Rapper genau genommen nicht singt. Was aber von Rapfreunden auch so gewollt ist. Wollen hier die Leute Puppenspiel? Jedenfalls scheinen sie hier das zu wollen, was geboten wird. Die Kinder bleiben am chaotischen Geschehen weitgehend dran, nur zwei 8jährige fühlen sich wohl intellektuell unterfordert und gehen.

Ansonsten verkneife ich mir den Satz, daß der Rixdorfer Kasperspieler denkt, er macht Puppenspiel. Denkt er ja vermutlich nicht. Ich bin froh, es endlich mal gesehen zu haben.

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Schul-Ausfall?

Was kann oder muß man von einer Hochschulausbildung erwarten? Nur ein Niveau, wie es sich in einem Neuköllner Dorf von alleine entwickelt hat?

Trotzdem die handwerkliche Ausbildung, besonders im Fach „Puppenführungstechnik“ (...) einen großen Raum einnimmt, beobachte ich immer wieder (...) diesbezügliches Desinteresse und scheinbare Ahnungslosigkeit. Es wird häufig einfach schlampig, unpräzise und eingleisig animiert.“ schrieb Michael Hatzius (die Echse) vor ca. 20 Jahren übers Berliner Puppenspielstudium.

Inzwischen hat man dort eine schwierigere Puppenspieltechnik, die Marionette, mehr oder weniger abgeschafft. Es offiziell zu tun, so sprach sich rum, hatte man erwogen, es sich dann aber wohl doch nicht getraut. Dafür wurde ganz einfach kaum noch etwas weitergegeben und es unterrichteten längst Lehrauftragsnehmer, die es bei Leuten gelernt hatten, die es auch schon nicht konnten. An einer deutschen Hochschule.

Ich hatte ca. 2015 mit Unterstützung von Kulturamt Treptow-Köpenick einen ca 90-minütigen Marionetten-Kurs auf youtube gestellt. Vor allem aber die wohl wichtigsten und meisten Marionetten-Stücke in Ostdeutschland inszeniert.

Als ich um 2022 anbot, mich betr. Marionette noch einmal um Nachwuchs-Dozenten zu kümmern, wurde das erst auf die lange Bank geschoben, dann als Versuch gedeutet und abgewehrt, einen Job zu ergattern. Was mir mit Anfang 70 fernlag.

Nun noch eins drauf:

Daß ich das Fach „Puppenführungstechnik“ vor fast 50 Jahren eingeführt hatte, war lange so klar wie das Amen in der Kirche – in einem neueren MDR-Kurzfilm „Kasper als Prolet“ sah man mich ca. 1975 unterrichten. Da ich anderes vorhatte, gab ich das Fach damals bald ab. Die letzte in der Dozenten-Reihe geht nun in Rente und für die Neuauswahl bot ich mich der Hochschule für die Auswahljury an.

Muß ich weiterschreiben?

Mich einzubeziehen, d.h. „...eine Erweiterung der Kommission ist erstmal nicht vorgesehen“ endet die kurze Antwort.

Die Unfähigkeit einer auf Diffamierung der Konkurrenz AfD konzentrierten Politik zeigt sich auch darin, daß sie in bestimmten Bereichen völlig unkontrollierte Freiheit für diktatorische Dilettanten zuläßt. Das ist das Gegenteil einer freundlich-unbefangenen Rixdorfer Subkultur.

Da besteht inzwischen keine Hemmung mehr, zumindest indirekt gegen Traditionsförderung vorzugehen, selbst wenn sie von der UNESCO kommt (s.u. zu „Kasparett“)

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Staats-Funk von unten?

Pottkasts aus der Puppenschule? Da werden Leute aus der Puppenszene interviewt. Auch kritisch?, frage ich mich angesichts von Namen wie Schaubudenchef Tim Sandweg ("... Ein Netzwerker und Visionär des zeitgenössischen Figuren- und Objekttheaters..." - da weiß man doch, was kommt, mit Sicherheit nichts über seine Verhinderung von z.B. Ensemble-Puppenspiel und seine üblen Verleumdungen).

Und ansonsten  kommen – aus meiner Sicht – vor allem Angepaßte zu Wort. Oder?

Aber nach so vielen Anzeichen für Opportunismus bis zu Studenten-Hirnwäsche bei Ernst-Busch (der sich im Grabe...) sollen das mal andere entscheiden und es sich anhören. Ich streike.

Meinungen dazu – wie immer – gern, stelle ich hier auch ein. 

(Eine direkte Antwort-Funktion hätte ich im Generalanzeiger gerne – aber die entspr. Angebote, es einzurichten, sind mir noch zu teuer; also wenn jemand was weiß...!)

Link:

https://haende-hoch.podigee.io/episodes

 

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Das Theatertreffen ist natürlich peinlicherweise immer noch ein reines SCHAUSPIELtreffen. Während die Schauspielschule Ernst Busch peinlicherweise längst  THEATERschule heißen müßte, mit ihren Abteilungen für andere Bühnenberufe. Z.B. Puppenspieler. Selbige in Schauspiele zu integrieren, ist seit langem Mode - ich habe durchaus davon profitiert. Aber damals gings noch um Qualität, wichtige Schauspielregisseure wie Christoph Schroth wollten das Beste, was sie kriegen konnten. Eben mich - pardon. Worum gehts heute? Um was Schrilles: In einem der Theatertreffen-Stücke 2024 spielt DAS HELMI. Ehemals eine charmante Dilettanten-Puppenspielgruppe hatten sie, als ich vor einiger Zeit zwei Aufführungen sah, den Charme konsequent gegen verquasten Anspruch getauscht. Zukunft des Puppenspiels? Zumindest in Berlin.

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VOLKS-FREIE V O L K S - BÜHNE ?

 

Leserbrief zu einem Tagesspiegel-Artikel über die Fortführung der Volksbühne als Avantgarde-Theater

3. März 2024

Sehr geehrter Herr Schaper,

Die VOLKStheater-Tradition der Volksbühne ist viel älter als die der "Avantgarde". Vor über 100 Jahren von Arbeitergroschen erbaut, mitten in einer Arbeitergegend, sollte sie einfachen Menschen Theater mit Qualität bieten - weniger ein Experimantaltheater für eine Elite. Was es sicher auch geben soll!. 
Die Castorf-Volksbühne als "Avantgarde-Theater" entstand in der naturgemäß chaotischen Nachwendesituation. Muß sich das zur ewigen Instanz entwickeln? Ich denke, das Volkstheater unter Benno Besson in den 70ern ist für das Haus der richtigere Bezug, wo auf hohem Niveau stattfand, wofür man sich nicht vorher mit speziellen Konzepten vertraut machen mußte. 
"Avantgarde" ist, was neu ist und zukunftsträchtig. Das ist immer was anderes. das kann man nicht verordnen. In diesem Sinne hat Berlin mehrere Experimentaltheater (HAU). Avantgarde an EIN Haus zu binden, ist lächerlich und führt zu so fragwürdigen Avantgarde-Imitaten wie im einzigen staatlichen Puppentheater SCHAUBUDE, wo verkrampft Puppentheater vermieden wird.

 

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KASPARETT - Waschinskys Bühnen-Abschied

Soloabend Peter Waschinsky

KASPARETT - DEUTSCHLAND EIN KASPERMÄRCHEN

Eine Historie des deutschen Kaspers

Kasper als Anarcho - und rot, grün, braun, schwul.

1979 war es eines der Stücke, die aneckten, das „sowjetisierte“ DDR-Puppentheater aufbrachen und Puppentheatergeschichte schrieben - Einladungen folgten, u.a. zum internat. THEATRE DES NATIONS; die Fassung 2022 entstand zum Symposium „Kaspergipfel“, Anlaß: Die UNESCO hatte den Kasper zum immateriellen Kulturerbe erklärt.

Zum Skandal wurde, daß es trotzdem 2023 nicht im Zentralen Puppentheater SCHAUBUDE Berlin gespielt werden durfte. Zu kritisch wie schon 1979? Es bekennt sich vor allem zu den Wurzeln des Genres. Deren Kappung die Berliner Theaterpolitik latent unterstützt.

UNIMA-Zeitschrift DaT 2023: „ ... das war trotz des Alters von Spieler und Stück überhaupt nicht verstaubt... hatte Waschinsky damals die Kasperfigur durch Momente der deutschen Geschichte gejagt ... Szenen,... waren beeindruckend in ihrer handwerklichen Präzision und Aussagekraft. ..."

Sa. 23.3. 19 Uhr   Puppentheatermuseum Neukölln (als Benefiz für das Museum, dem die Miete gestrichen wurde)

Karl-Marx-Straße 135, 12043 Berlin   Tel.: +49 30 983 78 131
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