Blumen und Tomaten
1. Streitschrift gegen Ahnungslosigkeit
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Buchbesprechung zu „Mohren, Missionare, Moralisten“ von Ulrich van der Heyden
(aus DAMALS - DAS MAGAZIN FÜR GESCHICHTE, 12 - 2024, gekürzt)
Es war ein Medien-Eigentor erster Güte. Im Herbst 2023 hatte die durch Faktenfehler, Tendenziösität und die herabwürdigende Behandlung von Interviewpartnern geprägte Dokumentation „Deutsche Schuld“ über die koloniale Vergangenheit zwischen Deutschland und Namibia für heftige Proteste aus beiden Ländern gesorgt (...) SWR, MDR; NDR und RBB gaben indes nur scheibchenweise ihre inhaltlichen Fehltritte zu. (...)
Das Buch, 2024, nimmt (...) kein Blatt vor den Mund. Da ist die irrwitzige, da wissensfern und gegen den Willen der lokalen Bevölkerung geplante Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin-Mitte, gegen die es 1134 Einsprüche gab. (...) Oder der 2017 als „Fall Diogo“ bekannt gewordene Film des MDR über einen Mosambikaner in der DDR, der 1986 betrunken aus einem fahrenden Zug stürzte und dabei starb. Der Sender hatte das tragische Unglück ohne Beleg als angeblichen Mord durch Neonazis inszeniert, um zwanghaft das Pauschalklischee einer rassistischen DDR zu bedienen. Erst Recherchen der „Berliner Zeitung“ deckten auf, daß die vom Sender nachträglich kreierte Mordstory in Wahrheit ein Unfall war.
(...) wendet sich van der Heyden gegen „bildungsresistente Laien“ in Bildung, Kultur, Politik, Medien und Wissenschaft sowie gegen die „Verdrehung, Negierung und Leugnung historischer Tatsachen“.
Dr. Daniel Lange
2. Der Ahnungslose (?)
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PW-Eigenbericht, 24. Juli 2025
Ahnungslos war der folgende Zeitgenosse in gewisser Weise auch.
Ort: Bölschestraße - einer der schönsten Berliner Boulevards. Erst später verstand ich, daß schon sein Gesprächsbeginn anders provozierend war, als ich erst dachte. Im Café-Gespräch mit Bekannten, die inzwischen gegangen waren, war es u.a. um Stalinzeit und nachts abgeholte Leute gegangen. Das sei jetzt auch so, sagte der ältere, nicht ungebildet wirkende Mann vom Nebentisch nun. Jedenfalls, meinte er - nach meiner Einwendung - würde bei unpassender Meinung früh die Polizei Hausdurchsuchung machen. Ich merkte: Er meint das ernst.
Und komme auf wegen Nichtigkeiten eingesperrte Leute in der DDR. Aber die waren dagegen für ihn keineswegs unschuldig. Sondern hätten sicher „was gemacht“.
Und als ich auf meinen Zigan-Adoptivsohn kam, wurden die Zigeuner durchweg abgewertet - er war mal von welchen beklaut worden. Aber die Deutschen werden wegen ihrer Kriegsschuld doch auch nicht pauschal... versuche ich dagegenzuhalten. Da setzte er zu völliger Umdeutung des 2 Weltkrieges an. Inzwischen duzte er mich, fragte, ob ich (halbwegs blond und blauäugig) Deutscher sei und beschimpfte mich als Linken. Und die AfD müsse regieren!
Wenn man wirklich wegen anderer Meinung nachts abgeholt würde, sagte ich im Gehen, würde er nicht hier im Cafe so reden, wie er es tat.
Bin ich schon in einer Blase, wenn meine Themen sonst eher mißverstandener Antirassismus oder einseitige „Avantgarde“ sind, also unsinnige Straßenumbenennung oder Dauer-Performance und quasi Kasper-Verbot in der SCHAUBUDE ? Jedenfalls war es wohl nicht schlecht, mal erinnert zu werden, was für Menschen es eben auch ganz real gibt, nicht nur als Medien-Schreckgespenst. Mit idealisierter DDR einer- und Erzrassismus andererseits im gleichen Hirn. Und das nicht nur in „abgehängten“ Dörfern.